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Fieberkrämpfe (Fieberanfälle, Infektanfälle)

Der so genannte Fieberkrampf ist ein besonders häufiger Notfall im Säuglings- und Kleinkindesalter. Dabei wird in der Regel der Notarzt alarmiert und es folgt eine Klinikeinweisung. Meistens wird der Fieberkrampf von Ihnen, den Eltern, zu Hause beobachtet und als extrem bedrohlich für Ihr Kind wahrgenommen. Gleichzeitig bleibt er aber in der Regel ohne negative gesundheitliche Folgen für Ihr Kind, anders ausgedrückt, er ist im medizinischen Sinne normalerweise harmlos. Dennoch sind Sie als Eltern nach einem solchen Anfall beunruhigt und haben viele Fragen.

Diese Information hilft Ihnen, die Zusammenhänge von Ursachen, Erscheinungsbild, Ablauf und Behandlung eines Fieberkrampfes besser kennen zu lernen. Sie zeigt Ihnen auch, wie sie konkret bei einem Anfallsgeschehen vorgehen können. Grundsätzlich gilt aber, dass der beste Weg für eine gezielte Information das ausführliche Gespräch mit Ihrem Kinder- und Jugendarzt ist. Dort sollten Sie alle Fragen stellen, die mit einer solchen Information nicht eindeutig geklärt werden können.

Was versteht man unter einem Fieberkrampf?

Der Fieberkrampf wird zur Gruppe der so genannten Gelegenheitsanfälle gezählt. Hierunter versteht man zerebrale, also vom Gehirn ausgehende, Krampfanfälle, die nur unter bestimmten Bedingungen auftreten, ohne dass eine Epilepsie bei dem betroffenen Patienten anzunehmen ist. Von einer Epilepsie spricht man erst dann, wenn wiederholt zerebrale Krampfanfälle auch ohne Auslöser (ohne Fieber) auftreten.

Merke

  • Vom Gehirn ausgehender Krampfanfall
  • Auslösefaktor ist ein (fieberhafter) Infekt
  • Typisches Alter: sechs Monate bis fünf Jahre
  • Tritt bei 2 - 5 % aller Kinder mindestens einmal auf
  •  Bei ca. 30 % der erkrankten Kinder treten mehrere Fieberkrämpfe auf
  • Keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes
  • Keine Schädigung des Gehirns
  • Im Allgemeinen kein erhöhtes Epilepsierisiko

Ein Fieberkrampf ist also keine Epilepsie

Fieberkrämpfe sind somit zerebrale Krampfanfälle, deren eindeutiger Auslösefaktor Fieber bzw. ein (fieberhafter) Infekt ist. Sie sind sehr häufig -statistisch gesehen haben 2 - 5 % aller Kinder einmal in ihrem Leben einen Fieberkrampf. Diese Anfälle treten typischer Weise im Alter zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 5. Lebensjahr auf. Am häufigsten sind Kinder im Alter um den 18. Lebensmonat betroffen. Kinder, bei denen im Säuglings- oder Kleinkindalter ein Fieberkrampf auftritt, sind ansonsten gesund und zeigen eine normale Entwicklung.

Was ist die Ursache eines Fieberkrampfes?

Fieberkrämpfe beruhen auf einer Veranlagung des Gehirns, in dieser bestimmten Entwicklungsphase auf (fieberhafte) Infekte mit zerebralen Krampfanfällen zu reagieren. Deshalb wird das Auftreten von Fieberkrämpfen oft bei mehreren Mitgliedern einer Familie beobachtet. Ob dabei das Fieber oder der dem Fieber zugrunde liegende Infekt den Krampfanfall hervorruft, konnte die Medizin bislang nicht abschließend klären. Es ist wichtig zu wissen, dass das Fieber manchmal so rasch ansteigen kann, das erst mit dem Fieberkrampf selbst registriert wird, dass das Kind Fieber hat. Grundsätzlich können alle Erkrankungen, die mit Fieber einhergehen, einen Fieberkrampf auslösen. Meistens sind es durch Viren bedingte, eher banale, fieberhafte Infekte, wie zum Beispiel Infekte der oberen Luftwege oder des Magen-Darm-Traktes. Sehr selten, bei weniger als 2 % der Kinder mit einem Fieberkrampf, sind es schwere, bakterielle Erkrankungen wie zum Beispiel eine Hirnhautentzündung.

Wie sieht ein Fieberkrampf aus?

In den meisten Fällen handelt es sich um einen so genannten einfachen Fieberkrampf. Zu Beginn des Anfalls wird oft ein Augenverdrehen beobachtet. Es kommt im Verlauf zu einem Bewusstseinsverlust und einer Anspannung des gesamten Körpers, die in ein Zucken der Arme und Beine übergehen kann. Das Gesicht ist meistens blass, manchmal kommt es auch zu einer Blaufärbung im Bereich der Lippen (so genannte Zyanose). Mitunter tritt anstelle der Körperverspannung ein gänzlicher Verlust der Körperspannung auf. Der Großteil dieser Anfälle hält nur sehr kurz an (Sekunden bis wenige Minuten) und endet von alleine. So bedrohlich dieses Ereignis auch aussieht, das Kind erholt sich davon anschließend normalerweise rasch und komplett. Nur in seltenen Fällen hört der Fieberkrampf nicht von selbst auf, sondern dauert länger als 15 Minuten. Diese Anfälle müssen durch Medikamente beendet werden. Man spricht dann von einem komplizierten Fieberkrampf.

Auch wenn sich das Kind im Anschluss an den Anfall nicht rasch erholt oder in kurzer Folge (bzw. während der folgenden 24 Stunden) weitere Anfälle auftreten, handelt es sich um einen komplizierten Fieberkrampf. Ist bei dem Anfall nicht von Anfang an der gesamte Körper betroffen, sondern „zittert“ zum Beispiel nur eine Gliedmaße oder erfolgt eine Kopfwendung zu einer Seite, dann bezeichnet man diesen Anfall ebenfalls als komplizierten Fieberkrampf.

Was muss man während eines Fieberkrampfes machen?

Bei jedem zerebralen Krampfanfall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, bei dem Kind zu bleiben, den Anfall genau zu beobachten und durch einen Blick auf die Uhr die Dauer des Anfalls zu erfassen. Außerdem sollte ein Arzt / Notarzt verständigt werden. Das Kind sollte auf keinen Fall gewaltsam festgehalten, sondern so gelagert werden, dass es sich nicht verletzen kann. Am geeignetsten ist eine stabile seitliche Lagerung, bei der das Gesicht auf keinen Fall verdeckt werden darf. Enge Kleidung sollte gelockert werden. Während und direkt nach dem Anfall dürfen dem Kind keine Getränke oder Nahrung gegeben werden, denn dies könnte Erstickungsgefahr bedeuten. Da es während des Anfalls zu einem festen Zusammenpressen der Kiefer kommen kann, darf auf keinen Fall mit dem Finger oder einem anderen Gegenstand die Mundhöhle des Kindes manipuliert werden.

Merke - Erste Hilfe beim Krampfanfall

  • Bei dem Kind bleiben und Ruhe bewahren
  • Uhrzeit zu Beginn des Anfalls erfassen
  • Anfall genau beobachten (wie hat der Anfall begonnen?)
  • Kind in sicherer Umgebung lagern, so dass es sich nicht verletzen kann
  • Kind leicht seitlich lagern, so dass Speichel und ggf. Erbrochenes aus dem Mund heraus laufen können
  • Notarzt verständigen (außer, Sie sind geübte Eltern und sind sich sicher, dass es wirklich „nur“ ein Fieberkrampf ist)
  • Uhrzeit bei Ende des Anfalls erfassen

Hat der Anfall aufgehört, wird die rektale Temperatur des Kindes gemessen und ggf. ein fiebersenkendes Medikament (z. B. Ibuprofen- oder Paracetamol-Zäpfchen) verabreicht. Auch Wadenwickel können zur Fiebersenkung sinnvoll sein, vorausgesetzt, die Unterarme, Hände, Unterschenkel und Füße sind warm und nicht ohnehin „kühl“.

Wie wird ein Fieberkrampf behandelt?

Wenn es sich um den ersten Fieberkrampf Ihres Kindes handelt, wird der herbeigerufene Arzt / Notarzt ein Notfallmedikament verabreichen, wenn der Anfall bei seinem Eintreffen noch andauert. Ein Arzt muss die Ursache klären (s. u.). Nach einem ersten Fieberkrampf erklärt der / die betreuende Kinderarzt /-ärztin Ihnen, welches Medikament bei einem erneuten Anfall gegeben werden soll und verschreibt die entsprechende Dosierung und Darreichungsform. Oft wird Diazepam in einer Rektaltube verordnet. Über diese so genannte Rectiole wird das Medikament (ähnlich einem Zäpfchen) in den After des Kindes gegeben.

Tritt zum wiederholten Male ein Fieberkrampf auf, ist ab einer Anfallsdauer von drei Minuten die Gabe des verordneten Notfallmedikamentes durch die Eltern bzw. Betreuer sinnvoll. Um im Notfall rasch handeln zu können, ist es wichtig, sich vorher vom Arzt / Ärztin über die Handhabung des Medikamentes aufklären zu lassen und die Packungsbeilage genau zu lesen. Diese enthält auch Informationen zur richtigen Lagerung des Medikamentes.

Was muss man nach einem Fieberkrampf machen?

Nach jedem ersten Fieberkrampf muss ein Kind unverzüglich von einem Arzt untersucht werden. Dieser entscheidet, ob ein Kind nach einem Fieberkrampf in ein Krankenhaus eingewiesen werden muss. Ein Grund hierfür kann eine notwendige weitere Überwachung sein, z. B. wenn das Kind noch sehr schläfrig ist. Manchmal sind auch weitere Untersuchungen notwendig, z. B. um eine Entzündung der Hirnhäute auszuschließen. Nach einem Fieberkrampf entscheiden Ihre Klinik und Ihr Arzt / Ärztin, ob die Ableitung einer Hirnstromkurve (Elektroencephalogramm, abgekürzt EEG) notwendig oder sinnvoll ist. Je nach Fragestellung kann auf ein EEG verzichtet werden oder die Untersuchung kann rasch nach dem Fieberanfall oder erst zeitversetzt angeordnet werden.

Können Fieberkrämpfe mehrmals auftreten?

Bei ca. einem Drittel der betroffenen Kinder muss mit dem Auftreten eines weiteren Fieberkrampfes im Rahmen eines erneuten (fieberhaften) Infekts gerechnet werden. Die Wahrscheinlichkeit für eine Wiederholung ist in den ersten sechs bis zwölf Monaten nach dem ersten Anfall am höchsten. Allerdings verliert sich die Neigung zu Fieberkrämpfen spätestens mit dem Erreichen des Schulalters.

Was ist die Folge von Fieberkrämpfen?

Fieberkrämpfe führen nicht zu einer Schädigung des Gehirns. Die Kinder mit einem Fieberkrampf entwickeln sich genauso normal wie Kinder, die keinen erlitten haben. Das Risiko, später eine Epilepsie (Anfälle ohne Fieber) zu entwickeln, ist im Allgemeinen nicht entscheidend erhöht.

Kann man Fieberkrämpfe verhindern?

Nein, leider gibt es kein sicheres Mittel, um das erneute Auftreten eines Fieberkrampfes zu verhindern. Selbst die konsequente Fiebersenkung bei fieberhaften Infekten stellt keine sichere Maßnahme dar. Wenn die Fiebersenkung auch als plausible Schutzmaßnahme bei einem Fieberkrampf erscheint, so ist doch klar belegt, dass diese nicht zuverlässig weitere Anfälle verhindern kann. Als Eltern brauchen Sie sich daher keine Vorwürfe zu machen oder sich mit Schuldgefühlen zu quälen, wenn bei Ihrem Kind ein erneuter Fieberkrampf auftreten sollte. Es gibt auch keinen medizinischen Grund, das Fieber „um jeden Preis“ senken zu müssen.

Zusammengefasst kann man sagen: Fiebersenkung kann für das Wohlbefinden eines Kindes gut und sinnvoll sein, nicht aber, um das erneute Auftreten eines Fieberkrampfs zu verhindern.

Nur in sehr wenigen Einzelfällen kann bei Kindern mit komplizierten (oder sehr vielen, häufigen) Fieberkrämpfen die kurzzeitige, vorbeugende Gabe eines krampflösenden Medikamentes im Rahmen von fieberhaften Infekten sinnvoll sein (z. B. für 48 Stunden ab Beginn des Fiebers). Eine auf die Verhinderung von Krampfanfällen gerichtete Dauerbehandlung mit so genannten Antiepileptika (Medikamenten gegen eine Epilepsie) ist bei Kindern mit Fieberkrämpfen in aller Regel nicht angezeigt und ihre (früher großzügige) Empfehlung gilt als überholt.